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Gärtnern in Schöneberg mit einer Sonderführung in der neuen Aquaponic-Farm

Führung von Friedenau in die Bessemerstraße.

Bei dieser Premiere (die erste Führung war wegen Starkregen ins Wasser gefallen) hatte ich als Veranstalter großes Glück. Glück mit meiner Idee. Die bestand darin, eine eigene Führung mit einer Fremdführung zu kombinieren. Meine Tochter hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass es in Berlin nun eine „Aquaponic-Farm“ gäbe. Da wird in einem nachhaltigen Kreislaufsystem innerhalb der Stadt produziert, was in der Stadt gegessen wird. Anfangs waren es Barsche und Tomaten, die in diesem System sozusagen glücklich vereint waren. 2017 sind es Barsche und Basilikum. Mit 9 Leuten arbeitet dieser Kleinbetrieb auf dem Gewerbegelände der ehemaligen Malzfabrik von Schult-heiss. Das wollte ich genauer wissen und mit eigenen Augen sehen! Und nahm es also ins Programm - in der Hoffnung, dass es anderen auch so geht. Und mein Publikum hat mich nicht im Stich gelassen … 20 Teilnehmer kamen zum Treffpunkt – und dass bei ziemlicher Hitze. Mein eigener Kurs ging durch das mir gut bekannte Friedenauer Malerviertel mit seinen schönen Resten von Vorgärten in der Cranach - und Peter-Vischer-Straße. Hier, dicht am Bahnhof, lebte am Anfang des Jahrhunderts fast ein Jahrzehnt Rosa Luxemburg. In einer einfachen Wohnung, aber mit einer Haushaltshilfe, die in der Küche schlief. Im Jahre 1908 besuchte sie dort der Berufsrevolutionär W. I Lenin mit seiner Frau. Und sie besprachen in Friedenau nichts geringeres als die Weltrevolution. Aber auch die letzte deutsche Kaiserin fand einen Platz in der Führung. Ob es jemanden aufgefallen ist, wie und warum ich sie in das Gartenthema hineinnahm? Sie war einst Schirmherrin des Rosengartens in Sangerhausen. Auch der Rosengarten in Sanssouci wurde durch sie, die Rosen liebte, berühmt. Und tatsächlich hält die Kaiserin der Skulptur von Carl Begas (der Jüngere) eine Rose in der Hand. Sie steht im Eingang des Hauptgebäudes des Auguste-Viktoria-Krankenhauses in Schöneberg mit der vor 1900 modischen Wespentaille dargestellt, was in einer Klinik von heute recht pathologisch wirkt. Immerhin die restlichen Grünflächen des Krankenhauses sind ein Berliner Gartendenkmal…. Gegenüber befindet sich am Grazer Damm eine großzügige Siedlung der nationalsozialistischen Zeit. Auch hier sind es die Gärten, die die herbe und einfache Blockbauweise verschönern und  "abrunden". Gleich dahinter dann eine der größten Schrebergartenanlagen der Hauptstadt. Alles blüht jetzt und es ist eine Freude hin-durchzugehen. Seltsam der Name einige Sparten… „Burenland“ und „Samoa“…..wohl Überreste einer hier 1907 stattgefundenen Kolonialschau des Kaiserreichs.

In der Gaststätte „Süden“ am S-Bf. Priesterweg nun eine kleine, aber wie ich fand sehr erquickliche Pause bei Bier, Selters und vorzüglichem Elsässer Flammkuchen.

Über den Prellerweg sind wir dann vorbei an der von Martin Wagner entworfenen Gartensiedlung „Lindenhof“ in die Bessemerstraße weiter gepilgert und waren fast pünktlich im Hof der Nr. 20, der einstigen Mälzerei von Schultheiss-Patzenhofer. Hier gibt es eine diverse Zahl von alternativen Mietern. Einer davon die Betreiber der Aquaponik-Farm – für deren Besuch das Ganze eigentlich stattfand.

Was gab es zu sehen?

Ehrlich gesagt, nicht gerade viel. Wir standen vor dem Treibhaus und hörten einen kleinen Vortrag über nachhaltige und ökologisch vertret-bare Lebensmittelproduktion. Von der ganzen Sache, die da so alternativ abläuft, sah man wenig (das versprochene "Panoramafenster" gewährt keinen wirklichen Einblick!). Die Barsche auf der einen Seite – sie werden in bis zu 12 Kubikmeter großen Bottichen in 7 Monaten zur Schlachtreife hier aufgezogen. Kommen als „Hauptstadt-Barsch“ ganz frisch (und ungefroren)  z.B. in einige REWE-Märkte Berlins. Mit den Filterrückständen aus ihren Bottichen wird auf der anderen Seite im Gewächshaus das Basilikum gedüngt, das als Hauptstadt Basilikum ebenfalls in Berliner Supermärkte gelangt. Dass das Ganze nicht nur profitabel sondern auch sehr umweltverträglich läuft, muss ich als Besucher und Geführter einfach glauben. Sehen und nachvollziehen kann man es nicht. Dafür müsste die Führung konkreter und anschaulicher an die einzelnen Produktionsorte gehen und vielleicht auch mit anschaulichem Material arbeiten.

Ein Erkenntnis habe ich allerdings aus dem Besuch über Aquaponicfarmen gewonnen. Ein dickes Fragezeichen, das sich auf das sogenannte Tierwohl bezieht. Wir sind sensibilisiert gegenüber der Massentierhaltung unseres Schlachtviehs. Was leisten die neuartigen Stadtfarmen in dieser Frage? Sie nehmen für sich in Anspruch nachhaltig zu sein, authentische Lebensmittel zu produzieren, kurze Wege für die Produkte zu haben, also geringer CO2.-Verbrauch, sie sparen mit Ressourcen. Sie wollen das neue BIO sein. Aber es gibt für sie noch keine Zertifi-zierung staatlicherseits, also auch kein Bio-Siegel. Ich bin gespannt, wie man in naher Zukunft das Leben von Schlachtfischen in diesen Stadt-Farmen beurteilt. Bislang galt hier wohl eher der Grundsatz: No brain - no pain. Ein Barsch im Fluss kann locker 25 Jahre alt werden. In der Farm schwimmt er auf engem Raum mit hunderten Artgenossen monoton im Kreis und wartet auf das nächste Pellet, das mit mathematischer Gewissheit kommt, so wie auch der Schlachter nach 7 Monaten.  

Worin bestand nun mein Glück an diesem Tag?  Vor allem darin, dass ich die Rechnung bezahlen konnte, dank dem zahlreichen Erscheinen des Publikums. So eine 50-minütige Sondergruppen-Führung in der Aquaponic-Farm kostet 290 € + MwSt., für Senioren oder Schüler „nur“ die Hälfte.

Das Thema ist sehr nachgefragt…. Und die Nachfrage bestimmt den Preis. Heißt es. Oder sollte in einem ökologisch orientierten, auf Nachhaltigkeit  setzenden Betrieb, nicht doch sensibler auf das Verhältnis von Preis- und Leistung geachtet werden….?

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