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"Blüten in Bliesendorf"

Radwanderausflug zur Obstblüte in Werder

Bei tauglichem Wetter ist ein Wanderung im Werderschen Obstbaugebiet auch ohne die Obstbauern-Verkaufsstände der Region lohnend! Diese freilich waren all die Jahre etwas besonders, konnte man dort doch sehr lässig relaxen, auf Strohballen sitzen oder im  Heu ein Nickerchen machen, Bratwurst vom Grill gab es und Kuchen der Obstbäuerin und immer und immer wieder sollte man den übersüßten Obstwein kosten.

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Wir waren zu zweit am Wochenende dort und überraschender Weise gab es am Weg dennoch die Möglichkeit Obstwein zu trinken. Das 140 Obstblütenfest ist leider abgesagt. Interessant: Schon im Dezember 2019 hat Werder ein reduziertes Fest beschlossen. Warum? Es ist das größte Event  der neuen Länder und sozusagen "unserer" märkisches Oktoberfest. Ich finde: Man sollte es reformieren, modernisieren, aber nicht künstlich verkleinern. Egal, jetzt hat das Virus die Sache erledigt. 

Meine Ausflüge zur Baumblüte habe ich oft extra außerhalb des Festes angesetzt, weil zum Fest selbst die Verkehrsmittel bei gutem Wetter gnadenlos überfüllt sind. Und ich habe mich bemüht Wanderstrecken zu finden, die außerhalb des Mainstreams lagen. Für 2020 war geplant, etwas in der Nähe des abseitigen Ortes Bliesendorf zu recherchieren. Und von dieser Erkundung möchte ich hier und durchaus zweckes Nachahmung berichten.

Eine Radtour durch das Obstgebiet ist optimal. Früher war es auch eine Fußwanderung. aber es ist so viel Obst abgeholzt und nicht wieder neu gesetzt worden, dass sich einige sozusagen blütenlose Strecken ergeben. Und die sind per Rad schneller bewältigt....

Starten kann der Ausflügler von Neuseddin (bei der Bahn heißt der Bahnhof "Seddin") oder in Ferch-Lienewitz, natürlich auch in Caputh oder Geltow oder traditonell vom Bahnhof Werder. Wenn Sie mit dem Auto kommen, empfiehlt es sich für diese Tour in Ferch gegenüber der alten Fachwerkkirche zu parken und die Räder herauszuholen, um den Rundkurs zu starten. Als erstes führt er auf dem Uferweg des Schwielossees entlang nach Petzow. So erspart man sich das an der Hauptstraße ziemlich langweilige Ferch, muss aber mit einigen Fußgängern rechnen. Der wunderschöne kleine Gutspark von Petzow war geschlossen, damit die Besucher sich dort nicht gegenseitig das Corona-Virus übertragen....

Direkt vor dem Park geht der Kurs auch gleich von Paretz ab - und zwar über das Vorwerk "Grille". Überraschung: Dort wurde einst Karl-Friedrich Zelter geboren und neuerdings gibt es eine Gedenktafel mit einem leider gnadenlos nichtsagendem Zitat des so großen Mannes.

Von der Grille fuhren wir eine recht hübschen Weg mit viel Strauchwerk immer geradeaus nach Glindow. Auch erstes Obst wurde gesichtet. Aber die eigentlichen Obstplantagen, die hier noch vor 25 Jahren waren, sind gerodet.

Durch Glindow selbst führt dieser Kurs nicht, das ist gut so, denn so interessant ist der Ort nicht und seine Schönheiten sind eigentlich eher zu Fuß zu entdecken. An dem Kreisverkehr, wo wir Glindow streifen, geht es geradeaus weiter in Richtung Elisabeth-Höhe. Man kann den Kreisverkehr gut erkennen, weil hier seit ein paar Monaten so ein grottenhaft hässliches neues Haus steht (ein grau-schwarzer Block, wo Dekore etc verkauft werden. Im vorigen Sommer stand an exakt selbiger Stelle noch, wie jedes Jahr zuvor, eine letzte ausdauernde Obstbäuerin mit ihrem Angebot...

Diesen Weg gilt es geradeaus weiter zu fahren bis Bliesendorf, das südlichste Dorf, das die Stadt Werder eingemeindete und auch der südliche Rand des in der DDR in den 60er Jahren geschaffenen Obstplantagengebietes. Bliesendorf ist recht hübsch und es hat noch immer etwas vom Charme der alten Zauche. Und einem der ganz typischen Vertreter dieser politischen Kernlandschaft Brandenburgs hat es gehört: Den von Rochows. Heute gehört es wie gesagt Werder und folglich sind die Wege dorthin gepflegter als in das alte Rochow-Zentrum nahe der Stadt Brandenburg (aber man kann immer noch auf diesen Wegen wandern. Nach 8 km über Bliesendorf hinaus kommt man an den schönen Kolpinsee bei Kloster Lehnin). Wir haben hier Obstwein auf einem Hof gekauft (7 € der Liter). Im Dorf gibt es einen Campanile auf dem Friedhof aus der Zeit der Romantik. Den Friedhof habe ich illegaler Weise betreten. Denn wegen der Corona-Gefahr war das Betreten nur in dringenden Grabpflegeangelegenheiten zu betreten. zwei Wege biegen vom Dorf rechts ab und führen mehr oder weniger ins Obstbaugebiet. Der zweite, etwas länger, führt dafür nach Plötzin, das einst total von Obst umgeben war. Auch heute ist es noch einen lohnende Tour, vor allem, wenn wir Plötzin in Richtung Plessow und der B 1 verlassen. Die Chaussee dafür kreuzt den beliebten Panorama-Weg und gleich mehrere Obstbauern lauern zur Blüte mit ihren Verlockungen auf ihrem Land. Angeblich soll das auch eingeschränkt in diesem Jahr möglich sein, jedenfalls wohl nicht völlig verboten. Wir sind allerdings anders gefahren, nämlich den langen Plattenweg zur Elisabeth-Höhe. Auch er war einst das Absolute Muss der Obstwanderer. Heute steht 80 Prozent leer bzw. verwildert. Nachdem man die einsame Windkraftmaschine passiert hat, geht es rechts ab durch die Ansiedlung der sogenannten Elisabeth-Höhe. Dies waren Koloniehöfe von Glindow und dienten ausschließlich dem Obstanbau. Einige der alten "Obstmucker"-Häuser sind noch original vorhanden. Auch hier hat ein traditioneller Obsthof wider erwarten geöffnet: "Schultzes Siedlerhof".

Das gute am Kurs ist hier, dass wir auch ohne die großen Plantagen viele Blüten sehen, denn einige der alten Bauerngärten sind rudimentär noch zu bewundern. Am Ende des Chausseeweges trifft man wieder auf die Straße nach Bliesendorf - und zwar in Höhe einer auffälligen Hühnerfarm. Hier dürfen die Hennen mitsamt Hähnen in einer alten großen Zwetschgen-Plantage leben, bewacht von drei großen Hütehunden. Schönes Leben gibt es also auch als Huhn. Hinter der Farm gleich rechts durch den Wald und ein kurzes Stück ohne Radweg auf der Straße nach Klaistow. Kurz, weil es geht gleich links ab in Richtung Ferch. Kurz vor dem zum Amt Schwielowsee gehörenden Dorf Kammerode gibt es eine sehr alte Kirschbaumplantage, mit ungewöhnlich knorrigen Bäumen. Allein dieser Ort lohnt schon die Tour. Vielleicht wird sie bald gerodet, denn soetwas ist zwar schön aber nicht sinnvoll. Die Bäume in dieser Form sind schwierig abzuernten. Von hier fährt es sich gut und abwärts (was zum Ende einer Tour sympatisch ist) wieder in den Ort Ferch hinein. Ferch wirbt für sich als "Malerdorf" - aber fast alles Neue, was jetzt entstanden ist, ist nicht malerisch. aber natürlich, zu entdecken ist auch das Flair von Gestern, das einst manchen Berliner Kunstmaler hier an den Schwielowsee lockte. Auch Ferch hatte übrigens , genau wie das benachbarte Caputh, viele kleine Obstgärten, der einst bitterarmen Bewohner., Heute lebt ein Großteil vom Tourismus aber kaum einer schert sich um die kümmerlichen Reste der alten Gärten. 

Wie schon eingangs geschrieben kann man die Tour auch mit der Bahn starten. Von Potsdam oder Wannsee bis zu einem Nachbarort von  Ferch. Selbstverständlich ist es auch möglich von Werders Bahnhof über Glindow in dies Gebiet zu fahren - oder von dort starten und von Neuseddin zurück....

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